| 7. Januar 2013 | Tamar Amar-Dahl im Krupp-Kolleg | Greifswald


Tamar Amar-Dahl spricht im Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald über ihr Buch: Das zionistische Israel Jüdischer Nationalismus und die Geschichte des Nahostkonflikts


These von Tamar Amar-Dahl: Das zionistische Israel ist derzeit nach ihrer historisch-wissenschaftlichen Analyse der vergangenen 60 Jahre nicht fähig – auch nicht durch einen personellen Führungswechsel in der Politik – den Konflikt mit den Palästinensern und/oder den arabischen Nachbarstaaten zu lösen. Selbst wenn es, wie in früheren Perioden dringenden Friedenswunsch gibt, seien, laut Amar-Dahl, die zionistischen Israelis auf Grund des von ihr definierten Eretz-Israel-Mythos und des Politik-der-Stärke-Mythos [als einzigem Schutz vor Auslöschung in feindlicher Umgebung] nicht in der Lage entweder eine Zweistaatenlösung oder die gleichberechtigte Beteiligung von Israelis und Palästinensern in einem Staatsgebiet umzusetzen.

Hier ist nicht relevant, ob und wie die Bedrohung real existiert, sondern hier ist die Staatsräson sowie jahrzehntelange Prägung der israelischen Bevölkerung ausschlaggebend. Amar-Dahl betont – mit dieser für die Zukunft finsteren Bilanz – als Historikerin nicht in der Verantwortung oder Aufgabe einer Lösungsfindung zu stehen. Ihre Aufgabe sei einzig die historische Aufarbeitung einer klar umgrenzten Forschungsfrage. Das persönliche Bekenntnis, die zionistische Politik gegen Palästina gerichtet, sei unrecht, fehlte nicht, wenn auch die Anteilnahme der Referentin und Autorin, dem reichlich gefüllten Auditorium eher unbewegt bekannt, nicht jedem Zuhörer auszureichen schien.

Diese distanzierte, den objektiven Standpunkt wahren wollende Haltung ist keine unbekannte unter Historikern und leicht zu rechtfertigen in der üblichen Forschungspraxis. Die Frage aber stellt sich, ob eine solche Position akzeptabel ist aus humaner Sicht und wirft die Frage nach dem Nutzen solcher wissenschaftlicher Arbeit und Herangehensweise auf. Darf sich Wissenschaft – dürfen sich Wissenschaftler – auf derlei nach intellektueller Fleißarbeit oder Gedankenspiel aussehende Forschungsarbeit beschränken oder sollte hier nicht doch eine größere Aufgabe erkannt und wahrgenommen werden: Erkenntnis aus den Analysen gewinnen für das Hier und Jetzt.
Die akademische Ausbildung jedenfalls befördert nicht in geringem Maße dieses Verbleiben im Elfenbeinturm.

Nach Tamar Amar-Dahl ‹machten› Menschen jedenfalls nicht Geschichte, sondern Geschichte verliefe nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten [welche Antriebsfeder aber hat sie?] und würde den Menschen nach ihrem innewohnenden Zeitfaktor die Tatsachen schaffen. Die Geschehnisse seien also nicht vom Menschen wandelbar. Im Falle des Nahostkonfliktes bliebe einzig abzuwarten.

Kein hoffnungsvoller Abschluss eines kontroversen Vortragsabends am Alfried Krupp Kolleg Greifswald, weder für eine Politik unter Netanjahu noch unter einer anderen zeitgenössischen demokratisch wählbaren Option.

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